Auslöser und Reaktionen von traumatischen Ereignissen und Schockreaktionen

Es kann jeden treffen. Jederzeit. Es reicht, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Während der lebensgefährlichen Situation aktiviert der Körper sämtliche Stress- und Notfallmechanismen: unkontrollierte Reaktionen, die auch Jahre später in derselben Heftigkeit wieder ausgelöst werden können. Oft reicht ein Geräusch oder ein Geruch, denn davor kann man sich während des Geschehens am wenigsten schützen.

Trauma führt zu einem überwältigenden Gefühl von Hilflosigkeit, Angst und Entsetzen. Es kommt zu einem grundlegenden Verlust des Nervensystems, Erregungszustände zu regulieren. Es vollzieht sich ein Bruch zu sich selbst, zum Mitmenschen und zum Leben. Die Ursachen für traumatischen Stress sind vielfältig, ebenso die Auswirkungen. Nicht jedes Ereignis führt bei jeder Person zu gleichen oder gleich schweren Symptomen. Hilfreiche Faktoren für die Verarbeitung sind vorhandene Ressourcen, psychische Stabilität, ein gutes soziales Umfeld, das Vorhandensein von Selbstwertgefühl und Selbstfürsorge. Die liebevolle Unterstützung ist ebenfalls bedeutend und natürlich auch das stabile Fundament, das eine Kindheit mit sich bringt, in der die die Beziehungs- und Entwicklungsbedürfnisse liebevoll berücksichtigt und erfüllt wurden.

Mögliche Auslöser von Traumas:

Naturkatastrophen:

  • Erdbeben, Vulkanausbrüche, schwere Stürme, Überschwemmungen usw.

Durch Menschen direkt oder indirekt verursachte Katastrophen:

  • Unfälle, Verkehrsunfälle, Grossbrände
  • Mobbing in Schule und am Arbeitsplatz, Misshandlung durch Jugendbanden
  • Katastrophen als Folge menschlicher Aggressivität und Grausamkeit wie Geiselnahme, Kidnapping, Terrorismus, Folter, Vergewaltigung, Krieg, Völkermord
  • Extreme Armut, Flucht infolge fehlender Lebensperspektiven
  • Psychischer Druck, Angst-Terror und Kontrolle durch Religion und Sekten

Katastrophen innerhalb der Familie:

  • Prä-, Peri- und Postnataler Stress (z.B. Abtreibungsversuch)
  • Adoption, Heim- und Klinikaufenthalt
  • Emotionale und körperliche Misshandlung
  • Vernachlässigung und Verwahrlosung
  • Trennung, Scheidung
  • Sexueller Missbrauch
  • Erleben von Gewalttätigkeit an anderen
  • Schwere oder frühe Trennungs- und Verlusterlebnisse
  • Alkohol- oder Drogensucht der Eltern
  • Schwere psychische Erkrankungen der Eltern
  • Chronischer Stress in der Kindheit
  • Tod der Eltern, eines Kindes oder eines Partners

Schmerzen und Autonomieverlust:

  • Schwere eigene und familiäre Erkrankungen
  • Operationen und Klinikaufenthalte sofern nicht gut begleitet
  • Lange anhaltende und starke Schmerzen
  • Autonomieverlust, Arbeitslosigkeit
  • Ereignisse die Existenzängste auslöst
  • Burnout

(Liste ist nicht vollständig)

Ein Trauma ist ein belastendes Ereignis oder eine Situation, die von der betreffenden Person nicht bewältigt und verarbeitet werden kann. Es übersteigt den Rahmen von alltäglichen Erfahrungen und Belastungen und die psychische Verarbeitung überfordert einen. Sie können tiefe Wunden in der Seele hinterlassen, die einen Menschen das Leben lang beeinträchtigen. Wie eine körperliche Verletzung Zeit braucht, um zu verheilen, ist auch ein Trauma eine Verletzung der Seele, die ebenfalls Zeit braucht zum Verheilen.

Typische Folgen von traumatischem Stress 

Die Reaktion von Menschen auf traumatische Ereignisse hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Art und Stärke des Erlebnisses, von der Situation des Geschehens und von den persönlichen Ressourcen, über die der Betroffene zu jenem Zeitpunkt verfügt. Oft lassen die eigenen Selbstheilungskräfte akute Belastungsreaktionen abklingen und der Betroffene kann das Erlebte zurücklassen, ohne dass es ihn in seinem weiteren Leben bedeutend beeinträchtigt. Je nach Schweregrad ist dies aber selber nicht mehr möglich. Meistens treten dann viele verschiedene Symptome auf, die das Bestehen einer Stressbelastung anzeigen und bei den meisten Traumatisierten zu finden sind. 

Physische Reaktionen

Zittern; Schwitzen; erhöhte Herzfrequenz; erhöhter Blutdruck oder Blutdruckabfall, Atemnot; Schüttelfrost; Hyperventilation, Apathie, Sprachlosigkeit, eingeschränkte Wahrnehmung des Körpers oder der Umwelt, starke Schmerzen, Ohnmacht, Schock

emotionale Reaktionen

Hilflosigkeit/Orientierungsverlust; Gereiztheit/Aggression; Erschöpfung; Niedergeschlagenheit, Verstörung, Verwirrung, emotionales Chaos, Bilderflut, hohe Geräuschempfindlichkeit, Wut, Schlaflosigkeit, Panik, übertrieben Schreckhaft, Hyperaktiv

kognitive Reaktionen

Sprachschwierigkeiten; Gedächtnisverlust (Amnesie); Entscheidungsschwierigkeiten; Konzentrationsprobleme 

Die Symptome treten oft erst eine Weile nach dem auslösenden Ereignis schleichend auf und werden dann meist nicht als Traumafolge erkannt. Oft werden die Symptome auch ausgelöst durch eine unbewusste Reaktivierung des Traumas sogenannte Flashbacks, wenn z.B. eine dem Trauma ähnliche Situation sogenannte Trigger = Auslöser von Flashbacks auftaucht.

Wirken jedoch mehrere belastende Faktoren zusammen, können neben Angststörung und Depression sogenannte posttraumatische Belastungsstörungen auftreten, obwohl das traumatische Ereignis bereits Wochen oder Monate, zum Teil auch Jahre zurückliegt.

Der Situation ausgeliefert

Wenn Menschen einer schrecklichen Si­tuation ausgeliefert sind, reagieren sie bereits vor Ort sehr unterschiedlich. Manche erstarren, geben keinen Laut von sich. ­Andere schreien oder lachen, zeigen sich aggressiv – oder funktionieren ganz normal weiter, als ob nichts geschehen wäre. Auch nach dem Ereignis kommen verschiedene Verhaltensmuster vor. Manche wollen das Erlebte wieder und wieder erzählen, andere kein Wort darüber verlieren. Das Gefühl, den Vorfall nicht wirklich erlebt zu haben, neben sich zu stehen, nichts mehr fühlen zu können, sind bekannte Reaktionen.

Wenn die Stress-Symptome nach drei Monaten nicht abklingen oder sogar stetig intensiver werden, spricht man von einer Posttraumatischen Belastungsstörung:

  • Wiedererleben der belastenden Erinnerung in Form von Gedanken, Albträumen, Flashbacks
  • Bei Kindern auch: häufiges Nachspielen der belastenden Szenen, ohne dass Erleichterung eintritt
  • viele Albträume mit stark ängstigenden Inhalten
  • Starke gefühlsmässige und körperliche Belastungssymptome bei allem, was an das Trauma erinnert
  • Anhaltende Vermeidung von Reizen/ Situationen oder Kontakten, die an das Trauma erinnern
  • Unfähigkeit, wichtige Aspekte des Traumas zu erinnern (Amnesie)
  • Gefühl neben sich zu stehen, nicht im eigenen Körper zu sein
  • Gefühl der Entfremdung von anderen
  • Erhöhte Erregung: Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen, übermässige Aufmerksamkeit, Schreckreaktionen

Betreuung nach einem Ereignis – ist entscheidend!

Ob und wie schnell es gelingt, ans frühere Leben anzuknüpfen, hängt von vielen Faktoren ab. Einer davon ist die Betreuung unmittelbar nach dem Ereignis. Vieles deutet darauf hin, dass Menschen, die psychologisch begleitet wurden, ein Trauma besser verarbeiten und seltener unter einer posttraumatischen Störung leiden. Deshalb rückt heute bei jedem grösseren Unfall ein psychologisches Care-Team aus.

Traumatisierte Personen: Das können Angehörige und Freunde tun

  • Hören Sie geduldig zu, wenn der oder die Traumatisierte reden will. Aber akzeptieren Sie auch, wenn die betroffene Person dazu noch nicht bereit ist
  • Bestärken Sie die traumatisierte Person darin, sich selber Gutes zu tun: lange Spaziergänge, Massage, Weekend-Urlaub
  • Decken Sie Ihr Gegenüber nicht mit unzähligen Vorschlägen ein, wie man wieder auf die Beine kommen könnte. Er oder sie muss einen eigenen Weg finden
  • Vertrauen Sie darauf, dass der oder die Betroffene einen Weg findet, das Trauma zu überwinden. Helfen Sie wenn nötig dabei, diesen Weg zu gehen
  • Bestärken Sie die Person, wenn nötig professionelle Hilfe anzunehmen
  • Vermeiden Sie tröstlich gemeinte, aber eigentlich unpassende Phrasen wie «Morgen sieht die Welt wieder anders aus» oder «Es wird alles wieder gut»
  • Fehl am Platz sind auch ungeduldige Bemerkungen im Stil von: «Jetzt ist es schon vier Wochen her, kannst du nicht endlich vergessen und wieder normal werden?»
  • Nehmen Sie der betroffenen Person nicht wochenlang alles ab, was sie ebenso gut selbst bewältigen könnte

Keine Behandlung – was passiert?

Wird eine posttraumatische Belastungsstörung nicht durch eine Traumatherapie behandelt, kann sie ernste Folgen für Betroffene und deren Umfeld haben, z.B.:

  • Wiedererleben der traumatischen Situation in Form von Bildern, Gefühlen (Flashbacks)
  • Symptom-Ausweitung auf immer mehr Situationen (Vermeidung auslösender Situationen)
  • Verlust an Lebensfreude/-qualität
  • zunehmende Belastung für Partnerschaft/Familie
  • drohende Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsminderung mit finanziellen Einbußen
  • zunehmende Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen
  • soziale Isolation, Rückzug und Vereinsamung

Traumatisierungen in Kindheit & Jugend

Wiederholte, langjährige und schwere Traumatisierungen in der Kindheit und Jugend wiegen besonders schwer, weil sie sich nachteilig auf die gesunde Entwicklung auswirken. Oft werden diese so stark abgespalten, dass sie im Erwachsenenalter überhaupt nicht kognitiv abrufbar sind. Erinnerungen zeigen sich in Form von Flash-Backs, sowie körperlichen und emotionalen Symptomen und Verhaltensmustern. Die komplexe PTSD wird darum oft nicht als solche erkannt, die Verbindung zum auslösenden Ereignis oder den Ereignissen von früher kann nicht oder nur teilweise hergestellt werden.

Reden allein hilft nicht!

Reden allein hilft nicht! Der Schlüssel zur Auflösung eines Traumas liegt im Stammhirn. Denn diese Erstreaktionen entstehen durch das vorübergehende Abschalten des Hippocampus-Systems und einer gleichzeitigen Amygdala-Allein-Reaktion und den dadurch ausgelösten hochgradigen Stress. Achtsame Körperwahrnehmung, hat eine Vielzahl von positiven Auswirkungen. Es ist wichtig zu wissen, wie das Nervensystem auf der Körperebene reagiert, wenn es übermässig belastet wird. zB. Zittern, Zähne klappern, Schüttelfrost oder Schwitzen, Hitzewellen im Körper, übermässiges Gurgeln und Rumpeln im Bauch, der Zwang, immer wieder tief Atem holen zu müssen, Weinen oder Lachen. All diese Körperreaktionen sind gut und richtig. Sie bedeuten, dass Energie entladen wird. Wichtig ist dabei aufmerksam und wertfrei zu beobachten, was im Körper geschieht – und zu wissen, dass der Körper die ihm innewohnende Fähigkeit besitzt, seine Balance selbständig wieder zu erlangen.

Ermutigen Sie die Menschen nicht, ihre Geschichten ständig wieder zu erzählen – und halten Sie sich auch selber daran. Das stete Wiederholen und Erzählen des Erlebten vertieft und verstärkt das Trauma und baut es nicht ab, wie oft fälschlicherweise geglaubt! Suchen Sie professionelle Hilfe!

Eine Aufarbeitung des traumatischen Materials in Begleitung einer Trauma-Fachperson bringt grosse Erleichterung, weil der damit zusammenhängende Stress aufhört. Das bringt enorme Lebensqualität zurück.

Wagen Sie es und leben Sie wieder ein Leben in Leichtigkeit und innerer Balance.