Der Begriff „Systemische Verstrickungen“ kennt man vom System der Familienaufstellungen. Diese gehen auf die Arbeit von Virginia Satir zurück. Bert Hellinger übernahm das Konzept und entwickelte das System weiter und machte es populär. Gerne erläutere ich vorab was systemische Familienaufstellungen sind.

Was sind systemische Familienaufstellungen?

Aufstellungsarbeit oder „Aufstellung“ ist ein Sammelbegriff für Methoden, bei denen die Mitglieder eines Systems einzeln positioniert und miteinander in Beziehung gesetzt werden. Dadurch können Zusammenhänge innerhalb des Systems visualisiert und wiederkehrende Muster und Beziehungskonstellationen transparent gemacht werden. Dies geschieht u.a. durch Perspektivenwechsel und über die Art und Weise, wie die Beteiligten räumlich und in Beziehung zu den anderen Mitgliedern positioniert sind. Es ist das wissenschaftlich schwer erklärbare Phänomen der Stellvertreterwahrnehmung. In diesen Gruppen unterscheiden wir zwischen Teilnehmern, die ein persönliches Anliegen haben und Teilnehmern, die sich als Stellvertreter (auch Repräsentanten genannt) zur Verfügung stellen

Bei der Familienaufstellung entsteht eine Art Energiefeld. Dieses verbindet die Personen auf geistiger Ebene, dass sie etwas spüren und wissen ohne es rational erklären zu können. Ein sehr spannendes Thema. Wer sich damit näher auseinandersetzen möchte, wird unter dem Begriff „Morphogenetisches Feld“ oder „kollektives Unterbewusstsein“ Informationen finden.

Der Stellvertreter, nimmt etwas wahr, spürt innerlich oder weiß auf einmal etwas, das nicht von ihm selber kommt und nicht zu ihm selbst gehört. Es gehört vielmehr zu der Person, die er/sie gerade vertritt. Das heißt, die Stellvertreter erleben oft an ihren Plätzen intensive Gefühle und starke körperliche Empfindungen. Diese Gefühle und Empfindungen haben eine erstaunliche Entsprechung zu der Lebenssituation des Aufstellenden oder der zu seinem Lebenskreis gehörenden Personen. Entsprechende Vorabinformation für die Stellvertreter gibt es keine.

Systemische Aufstellungen können in Gruppen oder in Einzelaufstellungen gemacht werden.

Doch was sind Verstrickungen und wie entstehen Sie?

Alle Menschen werden in eine Familie hineingeboren, deren Mitglieder untereinander in Beziehungen oder unsichtbaren Bindungen zueinanderstehen. Diese Bindungen entstehen nicht aus eigenem Willen, sondern unbewusst und können ein schweres Schicksal auslösen. In der Arbeit mit dem Familiensystem kommt ans Licht, wie sehr wir unserer Familie in Treue und Liebe verbunden sind. Das Kind in uns bedarf dieser Zugehörigkeit um überleben zu können. Es entwickelt eine grosse Loyalitätsliebe. Mit dieser tiefen Liebe verbündet der Mensch sich mit dem Schicksal von Eltern, Grosseltern und Geschwistern und übernimmt unbewusst die Probleme, die Rolle oder den Schmerz eines anderen Familienmitglieds. Manchmal auch das von mehrerer Familienangehörigen. Häufig ist es auch so, dass in einem Familiensystem ein Mitglied und sein Schicksal nicht genug beachtet, verdrängt oder vergessen wird.

Bedeutung im Familiensystem

Personen, die in eine Familie geboren werden, haben das gleiche Recht dazuzugehören. Egal wie er/sie sich verhalten hat. Durch die Verstrickungen kann es passieren, dass jemand aus unserem Familiensystem nicht gesehen wird bzw. seinen Platz nicht hat. Somit ist die Systemordnung nicht hergestellt. Ein anderes Familienmitglied macht mit seinem Leiden, seinen Symptomen oder Verhalten auf diese Verstrickung unbewusst aufmerksam. Leiden wie Verlustängste, Panik, Leere, tiefe Trauer, Wut, Bindungsängste, Hass, seltsame körperliche Schmerzen, Suche nach etwas Unbekanntem, Unruhe oder eine innere Schwere sind nur ein paar Beispiele. Doch diese Symptome und Leiden werden von den Betroffenen selbst nicht gleich erkannt, aber in Familienaufstellung sichtbar.

Beispiele von möglichen Verstrickungen

Ein einfaches, leicht nachvollziehbares Beispiel: Das übernehmen der Mutterrolle durch das älteste Kind gegenüber den jüngeren Geschwistern, wenn die Mutter durch Krankheit, Abwesenheit oder Unvermögen nicht in der Lage ist, sich um ihre Kinder entsprechend zu kümmern. Oder:

  • wenn ein Kind nicht leben wollte/durfte; uneheliche Kinder sind oft auch nicht gern gesehen;
  • schwere Krankheiten und auch Missbrauch (egal, welcher Art) sind Verstrickungen, die unser Familiensystem durcheinanderbringen können
  • da gibt es z.B. den Grossvater, der seiner Familie den Rücken kehrte und Frau und Kinder alleine ihrem Schicksal überliess
  • das ausgegrenzte uneheliche Kind von dem Niemand wissen durfte
  • die Mutter, deren Vater ganz früh verstarb und sie noch ein ganz kleines Kind war
  • es gab eine Fehlgeburt, welche totgeschwiegen wurde – in früherer Generation meistens so abgelaufen

… es gibt noch unendlich viele Fallbeispiele, welche ich hier erwähnen könnte.

Vererbung über Generationen

Jede Generation hat ihre eigenen Schicksale, ihre vollendenden Geschichten und Überforderungen. Wir sind aus tiefstem Herzen in grosser Liebe bereit, solche Verstrickungen mitzutragen. Die Nachkommen leiden für Schicksale, die nichts mit ihnen direkt zu tun haben. Denn solche Verstrickungen „vererben“ sich in einem Familiensystem solange, bis die unerlöste Energie ins Fließen gebracht wird. Dies zeigt sich oft in verblüffenden Wiederholungen von Schicksalen über mehrere Generationen hinweg

Es kann Klarheit und Ordnung einkehren und ein freies Leben geführt werden.

Neben Verstrickungen werden auch traumatische Kindheitserfahrungen oder Geburtsstress in systemischen Aufstellungen behandelt. Darauf gehe ich gerne in einem weiteren Blog ausführlicher ein.

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