Einen Moment steht die Zeit still. Nathalie schaut mich an, ihr Blick verändert sich und ihre Augen füllen sich mit Tränen. Es war ein berührender Augenblick – ein Start in eine grosse Veränderung im Leben von Nathalie. Nach und nach wird Nathalie klar, dass sie mit enormer Anstrengung ihr Fokus ständig gegen aussen gerichtet hatte und im Inneren totale Leere herrschte. Sie hatte schlichtweg keine Ahnung wie sie selber achtsam ihre inneren Kraftquellen ausschöpfen kann – geschweige welches ihre ganz eigenen Bedürfnisse sind. Stattdessen strebte sie über viele Jahre krampfhaft nach Anerkennung im beruflichen wie privaten Umfeld.
Damit ist Nathalie nicht alleine – viele Menschen leben mit dem ständigen Radar nach aussen. Wie kann ich gefallen und beeindrucken? Werde ich gesehen? Einen Teufelskreis der kaum Fülle in Herz und Seele bringt und auf Dauer in eine Abhängigkeit führt.
Die Suche ins Leere
Warum suchen so viele Menschen nach Anerkennung? Warum will man «gesehen» werden und jemand besonderes sein? Süchtig nach Anerkennung sein, bedeutet nicht, dass man sich nicht geschmeichelt fühlen darf, wenn jemand ein Kompliment macht. Wir alle sind positiv angetan, wenn jemand uns lobt und anerkennt.
Problematisch wird es allerdings, wenn die Suche nach Anerkennung zur Sucht wird. Wenn die ganze Zeit das Ziel ist die Anerkennung der anderen zu erreichen, dann wird das Streben zu einem Vollzeitjob. Menschen, die ständig nach Aufmerksamkeit suchen, haben oft eine gute Sozialkompetenz, nutzen sie aber, um andere zu manipulieren und sich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Wenn sie kein Interesse auf sich ziehen können, zehrt das an ihnen. Es ist ihnen wichtig, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Sie sind sehr darauf angewiesen, die Bestätigung anderer zu erfahren, bauen daraus ihr Selbstwertgefühl auf. Sie suchen immer wieder nach Neuem, langweilen sich sehr schnell und lieben es, von Menschen umgeben zu sein. Ihr grösstes Anliegen ist, wahrgenommen zu werden.
In dieser Kompensation nach Anerkennung ist der Mensch innerlich nicht erfüllt. So versuchen sie, das innere Loch durch äussere Stimulation zu stopfen. Soziale Anerkennung wirkt wie eine Droge. Sie macht uns glücklich, dass wir fast alles dafür tun. Die unbewussten Mechanismen treiben uns zu den unterschiedlichsten Taten, der tiefe Sinn dahinter ist aber immer derselbe: Wir wollen als Person wahrgenommen und bestätigt werden. Doch, ANERKENNUNG MACHT nicht glücklich, SIE FÜHLT SICH nur FÜR DEN MOMENT GUT AN.
Botenstoffe im Hirn
Der Ort in unserem Gehirn, der uns nach Echo und Anerkennung lechzen lässt, ist der gleiche, der Menschen auch nach Drogen süchtig werden lässt: eine Struktur in der Mitte des Hirns, deren Nervenzellen den Botenstoff Dopamin ausschütten. Er löst ein Gefühl von Glück und Stärke aus, das für den Rausch typisch ist; wir wollen Dinge angehen und Ziele erreichen. Schon bei einem freundlichen Blick oder Lob schütten die Nervenzellen Botenstoffe aus, neben Dopamin auch körpereigene Opiate und Oxytocin, was uns entspannt macht und Lebensfreude auslöst. Je stärker ein Signal der Zuneigung, desto mehr Botenstoffe werden freigesetzt. Alles, was wir tun, steht im Dienst des tiefen Wunsches nach guten zwischenmenschlichen Beziehungen. Denn soziale Ausgrenzung ist eine existenzielle Bedrohung – werden Menschen dauerhaft isoliert, verkümmert ihr Motivationssystem und sie werden krank.
Wie weit wir Menschen für Anerkennung gehen und nach welcher Form wir suchen, ist unterschiedlich. Je nachdem welche Erfahrungen wir gemacht haben, reagiert das Motivationssystem stark oder schwach auf dieselbe Bestätigung.
Wenn die persönliche Entwicklung gut abgelaufen ist, entwickeln wir uns zu einer unabhängigen Person. Das bedeutet, dass die Person selbst in der Lage ist darüber zu entscheiden ob sie wertvoll ist. Wenn die persönliche Entwicklung dagegen nicht gut gelaufen ist, wird sie in einer emotionalen Abhängigkeit leben. Somit haben andere Menschen die Macht über ihr Selbstwertgefühl. Viele Menschen mit geringem Selbstwert leben innerlich mit grossen Selbstzweifeln, trauen sich nichts zu. Vielleicht wirken sie gegen aussen sehr selbstsicher, sind es innerlich aber nicht. Das ist für sie sehr anstrengend, denn sie werden versuchen ständig den anderen zu gefallen oder sie zu beeindrucken, um sich wertvoll zu fühlen. Sie streben nach Bestätigung, nach sozialer Anerkennung und landen oftmals im Dilemma, getrieben vom Perfektionismus. Sie wollen auf jeden Fall jegliche Fehler vermeiden und haben Angst vor Zurückweisung. Ihren ganz eigenen Weg zu gehen ist unmöglich, denn oftmals kennen sie nicht mal ihre eigenen Bedürfnisse. Für eine abhängige Person ist dies gleichbedeutet mit seinem eigenen Wert. Verliert er die Anerkennung, bedeutet dass gleichzeitig, er verliert seinen Wert. Die äusseren Stimulationen sind nämlich nie langfristig erfolgreich. Nach einem kurzen Hoch tritt schon wieder eine bedrückende Leere und ein Tief ein. Und wieder steht man am Anfang, innerlich traurig, unsicher und sucht erneut nach der äusseren Bestätigung.
Dass das niemals zu einem ausgeglichenen und erfüllten Leben führen kann, liegt auf der Hand. Es gibt nur einen Weg daraus, den Fokus auf sich selber zu richten. Der erste Schritt auf dem Weg zu Veränderung ist der Weg zur Erkenntnis. Denn diese Mechanismen und das Suchtverhalten ist den meisten Menschen nicht wirklich bewusst. Sie spüren vielleicht, dass ihr Verhalten aus dem Ruder läuft oder die unerträgliche Leere und die Suche nach etwas Unbekanntem das Leben schwer machen. Es braucht Mut und Ehrlichkeit um sich dieser Anstrengung nach Anerkennung zu stellen und Veränderungen anzugehen. Nur was gilt es dazu zu beachten?
Geh deinen ganz eigenen Weg!
Die Grundlage für das eigene gesunde Leben ist, mit sich selbst in Beziehung zu stehen und ein authentisches Leben zu führen. Je unabhängiger wir von der Anerkennung anderer sind, umso mehr können wir uns entfalten. Voraussetzung ist, dass wir uns selber annehmen und respektieren.
Gebe dir und deinem Leben einen eigenen, liebevollen Wert. Geh deinen ganz eigenen Weg und konzentriere dich darauf zu erkennen, was deine inneren Bedürfnisse sind. Kennst du sie? Verstelle dich nicht mehr, nur um jemandem zu gefallen. Werde dir klar, wer du selber bist, was deine Werte sind, was dich auszeichnet und das ganz unabhängig davon was Andere davon halten. Übernimm die Verantwortung für dein Leben und befreie dich damit aus der Suchtspirale nach Anerkennung, Lob und Aufmerksamkeit. Zapfe deine Ressourcen an und lerne deine inneren Kraftquellen kennen.
Achtsamkeit und Eigenliebe sind weiterer Schlüssel dein Urvertrauen zu stärken. Beobachte dein Verhalten und reflektiere immer wieder: «will ich das?» «Warum mache ich dies und jenes?» «Ist es meine ganz eigene Motivation oder suche ich die Bestätigung von aussen?» «Fühlt es sich leicht an oder ist es eine grosse Anstrengung?» Erkenne deine Gefühle und lerne diese klar und deutlich zu kommunizieren.
Trete aus der Komfortzone, getraue dich Risiken einzugehen, neue Wege ausprobieren und finde deine innere Selbstsicherheit. Stelle dich in den Mittelpunkt und nähre deine eigene Wertschätzung, verbinde dich mit deinem ganz eigenen Wert. All das führt zu einer besseren Selbstwahrnehmung. Damit erkennst du schnell, wann du wieder vom Weg abkommst und kannst dich wieder neu ausrichten. Werde damit frei und selbstbestimmt.
Herzlichst,
Madelaine Zurfluh
Coach ILP & Stress-, Trauma Therapie STA®
systemische Arbeit & psych. Astrologie