ANGST! Körper & Seele im Ausnahmezustand

Jeder Mensch kennt Ängste. Sie werden in der Regel als unangenehm und beunruhigend empfunden. Trotzdem hat Angst für unser Dasein eine wichtige Bedeutung. Sie warnt uns vor Gefahren, verlangt aber auch, dass wir auf sie reagieren. Doch wie reagiert man richtig? Wie unterscheidet sich normale von krankhafter Angst? Wer nicht selbst an einer Angststörung leidet, kann sich kaum vorstellen, wohin Angsterkrankungen führen können. Nämlich so weit, dass Betroffene nicht mehr in der Lage sind, ihren Beruf auszuüben, Partnerschaften zu führen, soziale Kontakte zu pflegen oder gar das Haus zu verlassen.

Angststörungen sind ernst zu nehmende Erkrankungen. Betroffene sind weder auf der Suche nach Aufmerksamkeit oder Anerkennung noch simulieren sie. Bei richtiger Diagnose sind Ängste gut behandelbar. Die Betroffenen sind in einem täglichen Mechanismus, welcher sie zwingt Sicherheiten & Kontrollen aufzubauen – alles wird kontrolliert, Kontakte, Situationen, Orte, Arbeitsweg, Kinder etc.

Es wird offensichtlich, da ist ganz viel Angst – und das zu kontrollieren ist unheimlich anstrengend, es hört nie auf, es wird nie Ruhe einkehren, denn es ist nur eine Ablenkung.

Wo ist das Vertrauen ins Leben geblieben? Nur noch funktionieren, kann es das sein? NEIN! Doch statt zu vertrauen macht der Betroffene alles möglich um angstvollen Situationen nicht mehr zu begegnen oder aushalten zu müssen. Absolute Kontrolle, dass ja nichts mehr eintrifft wovor er Angst hat. Angst erzeugt Ohnmacht und im nächsten Schritt kann sich Angst, wenn sie unterdrückt wird zur Panik entwickeln – ganz viel Leid entsteht.

Woher kommen Ängste?

Angst wird nicht im Hirn gezeugt, sondern wird durch etwas angestossen was von aussen kommt. Es muss immer was passieren, was anders ist als das was wir kennen oder erwarten. Besonders schlimm ist es, wenn etwas passiert, was wir nicht beeinflussen können und somit ausgeliefert sind. Wir fühlen uns bedroht und unsere Bewältigungsstrategie scheitert.

Wir vergleichen im Hirn ständig was aussen passiert und ob alles übereinstimmt, was uns bekannt ist und was wir erwarten. Fühlt es sich bedrohlich an, kommt Unruhe ins Hirn und es entsteht eine Überregung die Angst ausgelöst.

Die Folge ist, dass man nicht mehr klar denken kann, es sind keine Handlungen mehr möglich, klare Einschätzung sind nicht mehr machbar und der natürliche Frusttoleranz ist nicht mehr möglich. Auch die eigenen Impulskontrollen gehen verloren und es entsteht ein Durcheinander. Komplexe Vorgänge finden blitzschnell im Hirn statt. Das läufts so lange, bis das Netzwerk wieder die Kontrolle übernimmt. Kontrolle hat es dann, wenn es auf das zurückgreift, was älter ist und bekannt istdas bringt Stabilität zurück und hält die Angst aus.

Oftmals sind das Kindheitsmuster die wir uns antrainiert haben und uns so dass „kontrollierte Überleben“ gesichert haben. Muster wie zum Beispiel wie Wut, Schreien, Türen zu schmeißen, totalen Rückzug oder subtile Ablenkungsmuster können sich zeigen.

Angsterkrankungen auf unterschiedliche Arten sichtbar: 

Soziale Ängste, Phobien, Panikstörungen

Soziale Ängste können sich zeigen, in dem der Gedanke und die innere Stimme mit „Was denken die anderen von mir?“ «Ich muss doch mich so und so verhalten, sonst…» plagt. Diese Gedanken sind geprägt aus den Erlebnissen als Kind und beeinflusst das eigene Empfinden, die Wahrnehmung und das eigene Verhalten. Oft zeigen sich auch körperliche Symptome Herzklopfen, Bauchschmerzen, feuchte Hände, rote Flecken am Hals, Nervosität und das Sprechen fällt schwer. Die Öffentlichkeit kann dadurch zur grossen «Gefahrenquelle» werden und wird immer häufiger gemieden. Der gesunde Selbstwert und das Selbstvertrauen schwinden immer mehr.

Vielleicht lernte man schon sehr früh in der Kindheit oder in der Schule, dass man durch Leistung und Perfektionismus genügt und «geliebt» wird. Das macht später im Leben anfällig für die Angst vor Fehlern, und somit sich eine Blösse zu geben. Belastende Lebensereignisse oder besonders negative Erfahrungen könne auch Auslöser von Angststörung sein, z. B. Tod eines Familienmitglieds, Trennung der Eltern, berufliche Veränderung, Umzug, Liebesentzug der Eltern, Überbehütung, depressive Mutter, Schicksalsschläge, Sucht in der Familie, Grenzüberschreitungen etc.

Das Wort Phobie leitet sich vom griechischen „phobos“ ab, dass Angst beziehungs- weise Furcht heisst. Hier werden öffentlichen Plätzen, grosse Menschenmengen oder auch Reisen zum Spiessroutenlauf. Schon ein Einkaufsbummel, Kinobesuch, Warteschlangen, die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder ein Kinobesuch kann für die Betroffenen zur Qual werden. Aber auch Angst vor Höhe und Tiefe, Platzangst in engen Räumen oder Angst vor Hunden, Insekten, Schlangen etc. lösen Stress aus. Angst vor Ansteckung mit einer gefährlichen Krankheit oder gar vor dem Tod sind sehr belastend und lassen die Betroffen kaum frei fühlen.

Sie versuchen deshalb meist, diese Situationen zu vermeiden und schotten sich zum Teil vollkommen von ihrer Außenwelt ab. Meist ist ihnen zwar bewusst, dass diese Furcht nicht rational ist. Dennoch bleibt die Angst bestehen. Der Bedrohung wird möglichst aus dem Weg gegangen. Der Alltag kann dadurch mehr oder weniger stark beeinträchtigt werden.

Bei der Panikstörung können sich heftige Angstzustände zur Todesangst steigern. Panikattacken können auch bei Menschen mit anderen psychischen Störungen auftreten wie z.B. Depressionen. Manche Panikattacken treten als Reaktion auf eine bestimmte Situation auf. Andere Attacken treten ohne ersichtlichen Grund auf. Panikattacken können von starken körperlichen Symptomen wie Schwindel bis Ohnmacht, Hitzewallungen oder Schüttelfrost, Gefühl zu ersticken, Schmerzen in der Brust, Atemnot, Zittern, Angst zu sterben etc. begleitet werden. Angstanfälle sind sehr schwer auszuhalten und Betroffene vermeiden darum oft die Orte, an denen bereits eine Attacke erlebt wurde. Auch wenn Panikattacken Symptome hervorrufen, die das Herz und andere lebenswichtige Organe einschliessen, sind sie nicht gefährlich. Trotzdem können die Einschränkungen das eigene Leben und Erleben massiv Viele Personen mit Panikstörungen weisen auch Symptome einer Depression auf.

 Die Folgen bei Stressüberflutung

Als Folge der Stressüberflutung im Organismus ist die Funktion der Grosshirnrinde sehr eingeschränkt und die Amygdala (Mandelkern) hoch aktiviert. Amygdala ist die Zentrale, wo viele Signale aus andern Hirncentern zusammentreffen und oft als «Angstzentrale» benannt wird. Sie gehört zum Limbisches System. Amygdala ist das zentrale Abwehrsystem, das bei jeder Art von Bedrohung aktiviert wird. Wenn das Limbische System eine Situation als gefährlich bewertet, reicht der Wille nicht aus, um etwas umzusetzen! Überleben hat immer Priorität und eine hohe Ausschüttung an Stresshormonen findet statt. Spannend dabei ist auch, dass die Amygdala schon vor Geburt reif ist, ca ab 5. Schwangerschaftswoche und somit klar ist, dass schon im Mutterleib Emotionen gespeichert werden.

Das limbische System ist zudem zuständig für die Wahrnehmung von Körper-empfindungen und Konditionierung der Angstreaktionen. Auch für die Auslöser wie Starre, Blutdruck, Stresshormone und Schreckreaktion. Es hat oberste Kontrolle über alles, möchte uns schützen. Der ganze Ablauf im Hirn ist enorm komplex und ich gehe bewusst hier nicht weiter in die Tiefe.

Angst nicht mehr kontrollierbar – Notfallprogramm

Wenn nun die Angst und Erregung so gross ist, dass sie im Alltag ganz viel Raum einnimmt oder sich in der belastenden Situation sich so stark ausbreitet, dass auch diese bisherigen antrainierten Muster nicht mehr funktionieren und abrufbar sind, dann läuft ein Notfallprogramm im Hirnstamm ab – diese funktionieren immer, solange wir leben.

Diese Notfallprogramme sind Angriff oder in die Flucht gehen, und wenn das nicht geht, dann tritt eine ohnmächtige Erstarrung oder ein Schock ein. Es entsteht ein Abschaltmechanismus und gar nichts mehr geht.

Um in den Angriff oder in die Flucht zu gehen braucht es hohe Aktivierungsenergien – dabei werden im Thalamus die Stressachsen eingeschaltet, der Sympatikus wird aktiviert um Energie und Kraft auszuschöpfen und zusätzlich werden Nebennierenrinden aktiv und Stresshormone wie z.B. Cortisol Adrenalin, Nordadrenalin wird ausgeschüttet.

Es versteht sich von selbst, dass ein solch hoher Stress auf Dauer nicht gesund ist und es krank macht. In diesem Dauerstress leiden Körper & Geist und Seele enorm und der Betroffene ist kaum mehr richtig leistungsfähig.

Fehlalarme!

Durch unsere Erfahrungen, Prägungen und auch schlimmen Erlebnisse, löst dieser empfindliche, schnelle Weg des Angst-Schaltkreises sehr oft auch falschen Alarm aus. Das Gehirn kann in diesem unglaublich schnellen Reflex Zeit und Ort nicht unterscheidenFehlalarm. Es braucht nur kleine «Trigger» wie ein Geräusch, ein Reflex, eine Stimme, eine Berührung, ein Ort etc. die als Angst abgespeichert sind und der Falschalarm geht los. Die Angst ist sofort wieder so stark präsent und die Abwärtsspirale geht von vorne los.

Hilfe, ich verzweifle!

Viele Betroffenen verzweifeln. Die Situation ist beklemmend, offen darüber zu sprechen ist schwierig und sehr unangenehm. Und genau hier fängt es an: Niemand hat sich diese Situation bewusst ausgesucht und es gibt keinen Grund sich schuldig oder falsch zu fühlen. Ängste und Panikattacken haben oft eine lange Entwicklungsgeschichte der jeweils betroffenen Person. Negative Erlebnisse, oftmals schon aus frühester Kindheit, lasten häufig jahrelang auf ihnen. Ängste können sich sehr vielseitig zeigen und sehr unterschiedliche Hintergründe haben. Oft bedeuten sie eine Störung des Gefühls und stehen häufiger für unterdrückte und nicht gelebte Gefühle, wie z. B. Wut, Aggression, unerfülltes Bedürfnis nach Liebe – oder auch nicht gelebte Wünsche oder Lebensziele.

Wie komme ich da nun raus?

So viel vornweg, unser Hirn ist neuroplastisch, das heisst unser Hirn kann sich verändern – aber dafür muss es anders genutzt werden. In dem wir neue Denkmuster im Hirn aufbauen und neue, individuelle Prozesse eingehen lernt der Betroffene diese Ängste zu unterbrechen. In der Stress- Traumatherapie gibt es fundierte Abläufe um den Körper & Geist und Seele zu entstressen und dann neue Ressourcen aufzubauen.

Zusätzlich proaktiv Handel, zu den Ängsten und starken Beeinträchtigen im Leben stehen und das direkte Umfeld gezielt darüber informieren, kann grosse Erleichterung geben. Kein Ausweichen mehr, warum man geflüchtet ist, warum man nicht weggehen will, warum man nicht den Zug oder Lift nehmen will oder x andere Kleinigkeiten, die einem im Alltag einschränken.

Was die genauen Auslöser dieser Ängste/ Panikattacken sind ist nicht immer klar zu zuordnen. Mit systemischer Arbeit, erkennen die Betroffenen woher die Ängste kommen –verdeckte Themen, welche im Unterbewusstsein gespeichert sind werden erkannt. Wenn das Hirn diese Klarheit bekommt und einordnen kann, hilft dies enorm beim Verarbeiten der Ängste und neuer Ressourcen aufbauen.

Übernimm deine Verantwortung für all deine aufgebauten Ängste! Befreie dich aus der Kontrolle. Angst- und Stressbewältigung führt dich zu deinem eigenen Vertrauen und du kannst das Misstrauen ins Leben, in Situationen oder Menschen loslassen.

Entscheide dich zu Leben und zu Vertrauen. Gerne begleite ich dich auf deinem Weg ein leichtes, lebendiges und glückliches Leben zu führen.

Madelaine Zurfluh